Überraschung! 🎉 — “Gute Führung fühlt sich gut an.”
Diese Erkenntnis gewann unlängst eine Gruppe Führungskräfte beim pferdegestützten Coaching. Doch warum ist das so überraschend?
Meine These ist, Führung wird oft mit Machtausübung, Druck und Stress in Verbindung gebracht. Auch wird Führung häufig mit Management gleichgesetzt und es findet eher eine mechanistische Betrachtung statt. Und da Menschen keine Maschinen sind, fühlen sie sich selten wohl, wenn sie als solche behandelt werden.
Meine zweite These ist, es hat gesellschaftlich einen höheren Wert, selber zu führen als geführt zu werden. Man will die Zügel in der Hand haben, entscheiden und bestimmen können, seines eigenen Glückes Schmied sein, Stärke zeigen oder beweisen. D.h. sich führen zu lassen, fällt vielen schwer und wird eher mit Schwäche gleichgesetzt.
Und richtig spannend wird es, wenn es darum geht, sich bewusst zu entscheiden: Gehe ich in Führung oder lasse ich mich führen?
Diese beiden Facetten von Führen und Geführt-werden, konnten oben genannte Führungskräfte gut bei einer Übung mit den Pferden erfahren.
Zwei Menschen und ein Pferd mussten zusammen einen Parcours absolvieren. Der eine Mensch führte das Pferd, der andere legte eine Hand auf den Rücken bzw. die Kruppe des Pferdes und folgte mit geschlossenen Augen. Während des Durchlaufs durfte der Kontakt zum Pferd nicht verloren gehen. Erschwerend kam hinzu, dass ein weiteres Team den Parcours gegenläufig durchquerte.
Danach wurden die Rollen getauscht und der Parcours durch 2 neue Hindernisse erschwert.
Daran ließ sich Folgendes gut erfahren
- Als Führender habe ich die Verantwortung für den Weg bzw. das Ziel. Ich muss mich um alle! meine Geführten, sowohl das Pferd als auch den Menschen, kümmern und zusätzlich aufpassen, nicht mit dem anderen Team zu kollidieren.
- Als Geführter bin ich abhängig von dem Führenden. Ich muss mich an meinem anderen Teammitglied (dem Pferd) orientieren, weder in dieses hineinlaufen noch den Kontakt verlieren.
Beide Erfahrungen sind auch im Arbeitsalltag relevant und werden hier wunderbar sicht- und fühlbar.
Die Teilnehmer erlangten interessante Erkenntnisse.
- Als Führende(r)
- fällt es schwer sich auf die Geführten einzustellen, wenn der Führende selber im Stress ist.
In diesem Fall war der/die Führende, mit der Führung des Pferdes ausgelastet und konnte sich nicht auch noch um die Belange des menschlichen Geführten kümmern.
Daraus kann man sehr gut ableiten, dass Führende erst mit sich selbst im Reinen sein müssen, bevor sie andere führen können. - ist man auf Rückmeldung des Geführten, was sie gerade brauchen, angewiesen.
Hier war es wichtig, dass der menschliche Geführte z.B. mitteilte, ob es zu schnell oder zu langsam ging. Gleichzeitig musste der/die Führende achtsam sein und körpersprachliche Signale seiner Geführten wahrnehmen, insbesondere die des Pferdes, was keine Lautsprache hat.
Doch auch im Arbeitsalltag tut ein Führender gut daran, genau hinzuschauen und auf non-verbale Signale zu achten.
- Die Geführten fühlten sich dann wohl, wenn
- der Führende viel kommunizierte, z.B. was gerade ansteht, wo im Parcours man sich befindet, wie die Lage ist.
Es wurde offensichtlich, zeitiges und ehrliches Informieren schafft Vertrauen. - der Führende auf deren Bedürfnisse einging. Wenn er z.B. bei Bedarf langsamer lief oder Stolperstellen ansagte.
Wirkt selbstverständlich, geht aber im Eifer des Gefechts schnell unter. Auch hier waren die Führenden mit dem Pferd beschäftigt, sich dann noch in den blinden “Anhänger” hineinzuversetzen, war nicht einfach.
Im Arbeitsalltag ist das operative Tagesgeschäft auch oft “laut und dringlich”, da kann es Führungskräften leicht passieren, den Blick für ihre Geführten zu verlieren. - es flüssig und entspannt bzw. ruhig vorwärts ging.
Hektik, Hau-ruck-Aktionen und plötzliche Richtungswechsel verunsicherten die Geführten. Sie stolperten, verloren den Kontakt zum Pferd oder mussten die Augen öffnen, um sich zu orientieren.
Dabei wurde deutlich, wie wichtig Souveränität und Gelassenheit für Führungskräfte sind.
Von beiden Parteien (Führende als auch Geführte) wurde reflektiert, dass das Ziel nur gemeinsam und wenn jeder seine Verantwortung wahrnimmt, erreicht werden kann.
Der Führende muss gut führen und alle Teammitglieder gleichwertig beachten. (Was passiert, wenn das nicht gegeben ist, ist eine andere Geschichte, die ich ein andermal erzählen werde. 😉)
Die Geführten müssen ihre Aufgaben eigenverantwortlich erledigen und dem Führenden Rückmeldung geben.
Wie zu Beginn des Artikel erwähnt, war die größte Erkenntnis, dass Sich-führen-lassen, sehr angenehm sein kann. Als schön wurde aufgezählt,
- mal loslassen zu können und Verantwortung abzugeben,
- sich auf seinen Part konzentrieren zu können und
- nicht alles in Frage stellen zu müssen.
Vielleicht lasst ihr euch demnächst auch mal bewusst führen? Und wenn euer Führender mag, gebt ihm Feedback. Ihr wisst sicher aus eigener Erfahrung, dass man selten Feedback zu seiner Führungsarbeit bekommt.
Und wer oben Dargestelltes selber erleben will, der kann sich zu Führungskompetenz praktisch oder als Führungsteam zu Ihr Team, mal anders anmelden.